23. Februar 2023
Wegweisendes Dieselskandal-Urteil: VG Schleswig erklärt VW-Thermofenster für illegal
Dieselskandal: Das VG Schleswig hat vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) genehmigte Abschalteinrichtungen in VW-Dieselmotoren für illegal erklärt. Hintergrund des Urteils ist eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Flensburger Behörde (Az. 3 A 113/18).
Verbraucherschützer sehen das Urteil des VG Schleswig als wegweisend im Dieselskandal. Denn auch wenn es konkret VW und den EA189-Dieselmotor betrifft, wird hier von einer Indizwirkung für alle weiteren Klagen auch bezüglich anderer Hersteller ausgegangen. Möglicherweise müssen nun Millionen von Dieselfahrzeugen nachgerüstet werden.
VG Schleswig urteilt im Dieselskandal zum „Thermofenster“
2015 wurde bekannt, dass in VW-Dieselmotoren eine illegale Abschalteinrichtung zum Zuge kommt, was damals den Dieselskandal auslöste. Die Motorsoftware sorgte dafür, dass Abgasgrenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten wurden, auf der Straße aber nicht. VW hatte diesen Mechanismus mit einem Software-Update behoben, das aber mit dem Argument der Motorschonung ein sogenanntes „Thermofenster“ enthält.
Dieselskandal: Abgasgrenzwerte um Vielfaches überschritten
Das bedeutet, dass die Abgasreinigung bei Temperaturen unter 15 Grad Celsius automatisch heruntergeregelt wird. Das KBA hatte dieses Update genehmigt, da es laut der Behörde nicht gegen das Verbot der unzulässigen Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 der EG-Verordnung Nr. 715/2007 verstieß. Dagegen hatte die Deutsche Umwelthilfe vor dem VG Schleswig geklagt, denn die Durchschnittstemperatur liegt in Europa größtenteils unter 15 Grad Celsius, sodass die Abgasreinigung die meiste Zeit abgeschaltet ist. Dadurch werden die Abgasgrenzwerte laut DUH um ein Vielfaches überschritten.
VG Schleswig legte EuGH mehrere Fragen zum Thema Dieselskandal vor
Somit legte das VG Schleswig dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen zu diesem Thema vor. So bejahten die Luxemburger Richter zuerst die Klagebefugnis der DUH gegen das KBA. Dann bestätigte der EuGH, dass die Vorschrift für eine ausnahmsweise Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen laut EG-Verordnung aus Motorschutzgründen eng auszulegen sei und sich auf plötzlich auftretende Schäden am Motor selbst beschränke. Eine Notwendigkeit zur Abschaltung käme zudem nur in Betracht, wenn keine andere technische Lösung vorliege, die solche Motorschutzschäden abwenden könne. Laut DUH sei dies aber durch die Nachrüstung von SCR-Katalysatoren der Fall.
VG Schleswig folgt enger Auslegung des EuGH im Dieselskandal
Das VG Schleswig folgte nun der engen Auslegung des EuGH und verneinte die Frage, ob Abschalteinrichtungen notwendig seien, um Beschädigungen am Motor zu verhindern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und bezieht sich auf das Software-Update für die VW-Modelle Golf und Touren der Abgasnorm Euro 5 mit EA189-Dieselmotor. Die DUH kündigte jedoch an, dass weitere Urteile folgen werden.
Herbe Niederlage für VW, Druck auf andere Hersteller steigt
»Das Schleswig Urteil ist eine herbe Niederlage für VW«, sagt Rechtsanwalt Helmut Dreschhoff von der Verbraucherkanzlei BRR Baumeister Rosing. »Sollte die Entscheidung rechtskräftig werden, würde dies bedeuten, dass Millionen Dieselfahrzeuge illegal auf europäischen Straßen unterwegs sind. Dabei betrifft es nicht nur die EA189-VW-Motoren, sondern auch andere aus dem Hause VW sowie fast aller anderen Hersteller. Denn sie alle haben temperaturbedingte Abschalteinrichtungen in ihren Motoren verbaut.«
Dieselskandal-Urteil von VG Schleswig: Verbraucherschützer sehen sich bestätigt
»Durch das Schleswiger Urteil sehen wir Verbraucheranwälte uns erneut bestätigt«, so Dreschhoff weiter. »Schon vor sieben Jahren, mit dem Bekanntwerden des Dieselskandals, haben wir den Einwand vorgebracht, dass Abschalteinrichtungen wie das ›Thermofenster‹ nicht zulässig sind. Jedoch wurde von der Industrie bis heute geleugnet, gemauert und ausgesessen. Das hat im Dieselskandal unnötigerweise für gewaltige Kosten gesorgt, sei es für Verfahren, Gutachten oder anderes. Man hätte die Fahrzeuge einfach nachrüsten können, dann hätten wir uns nicht mit Dingen wie explodierenden Verfahrens- und Rechtsschutzversicherungskosten oder Wertverlust und Fahrzeugstillegungen beschäftigen müssen.«
Weitere Termine für wichtige Dieselskandal-Urteile
Für die Hersteller könnte es ein den kommenden Monaten noch dicker kommen. Denn EuGH und BGH haben jüngst lang erwartete Verhandlungstermine für weitere wegweisende Dieselskandal-Verfahren bekanntgegeben. Darin geht es unter anderem um die Klärung, ob den Herstellern im Dieselskandal Vorsatz und Sittenwidrigkeit nachgewiesen werden muss oder ob bereits Fahrlässigkeit Schadensersatzansprüche begründet.
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