19. Juli 2022

EuGH im VW-Dieselskandal: „Thermofenster“ ist weitgehend illegal

Dieselskandal: Thermofenster illegal

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Dieselskandal entschieden, dass das sogenannte „Thermofenster“ in Dieselmotoren weitgehend illegal ist (Urteil vom 14. Juli 2022, Az.: C-217/20, C-134-20, C-145/20). Beim “Thermofenster” handelt es sich um eine Software für Dieselfahrzeuge, die die Abgasreinigung bei bestimmten Außentemperaturen verringert oder abschaltet. VW-Dieselbesitzer waren vor Gericht gezogen, weil die Abgasreinigung in den betreffenden Fahrzeugen nur im Temperaturbereich zwischen 15 und 33 Grad vollumfänglich funktioniert. In vielen Regionen Europas liegt die Temperatur in der meisten Zeit des Jahres unter 15 Grad. 

EuGH im Dieselskandal: Thermofenster ist illegale Abschalteinrichtung

Die EuGH-Entscheidung betrifft konkret Motoren des VW-Konzerns vom Typ EA189. 2015 wurde bekannt, dass in diesen Motoren eine illegale Abschalteinrichtung zum Zuge kommt, was damals den Dieselskandal auslöste. Die Motorsoftware sorgte dafür, dass Abgasgrenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten wurden, auf der Straße aber nicht. VW hatte diesen Mechanismus mit einem Software-Update behoben, das aber mit dem Argument der Motorschonung ein Thermofenster enthält. Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte dieses Update genehmigt, da es laut der Behörde nicht gegen das Verbot der unzulässigen Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 der EG-Verordnung Nr. 715/2007 verstieß. 

Thermofenster: Abgasreinigung bei normalem Fahrbetrieb verringert

Dies sah der EuGH nun anders, vor allem in Hinblick auf die im Großteil der EU üblichen Umgebungstemperaturen von weniger als 15 Grad Celsius. Hintergrund ist die Definition der Abschalteinrichtung in Art. 3 Nr. 10 EG 715/2007, wonach eine Abschalteinrichtung vorliegt, wenn die Wirksamkeit der Abgasreinigung unter Bedingungen, die bei normalem Fahrbetrieb vernünftigerweise zu erwarten ist, verringert wird. 

Dieselskandal: illegale Abschalteinrichungen beschäftigen weiterhin Gerichte

Die Autohersteller argumentieren, dass das Thermofenster zur Schonung des Motors notwendig sei. Dazu stellte der EuGH fest, dass diese Ausnahme nicht für Verschleiß und für bloße Schonung des Motors gilt. Darüber hinaus entschieden die Richter, dass die Abgasreinigung dem Stand der Technik entsprechen muss. Somit sei ein Abschalten aus Motorschutzgründen nur dann notwendig im Sinne der Verordnung, wenn „keine andere technische Lösung“ den Motorschaden abwenden kann. Eine andere technische Lösung war und ist aber vorhanden, sprich: moderne SCR-Katalysatoren mit AdBlue-Technik. Allerdings haben die Hersteller auf diese Möglichkeit verzichtet, vornehmlich aus Kostengründen. Abschließend sagt der EuGH, dass, selbst wenn die Ausnahme Motorschutz an sich greifen würde, eine Abschalteinrichtung, die den überwiegenden Teil des Jahres nicht funktioniere, unzulässig sei. 

Ansprüche von Dieselkunden im Dieselskandal: Thermofenster vertragswidrig

Was die Ansprüche von Käufern angeht, entschied der EuGH, dass ein “Thermofenster” vertragswidrig ist und Nachbesserungsansprüche oder Ansprüche auf Ersatzlieferung zur Folge haben kann. Auch eine Vertragsauflösung bei unterbliebener Nacherfüllung kommt in Betracht. Denn die Vertragswidrigkeit sei nicht als geringfügig einzustufen, auch dann nicht, wenn sich Verbraucher trotz Kenntnis der Existenz des “Thermofensters“ zum Kauf entschlossen haben.  

Thermofenster illegal: Weitere verbraucherfreundliche Entscheidungen vom EuGH

Erst im Juni 2022 hatte der Dieselskandal wieder an Fahrt aufgenommen, als EuGH-Generalanwalt Rantos sich in einem Gutachten verbraucherfreundlich zu Schadensersatzansprüchen positionierte. Laut Rantos können diese im Dieselskandal auch dann durchgesetzt werden, wenn die Manipulation durch den Fahrzeughersteller fahrlässig erfolgte. Bisher drehte es sich in den Diesel-Verfahren hauptsächlich um die Frage des Vorsatzes und der Sittenwidrigkeit. Dies den Herstellern nachzuweisen, war bislang immer sehr schwierig. Durch die Einschätzung des EuGH-Generalanwalts können die Hersteller jedoch nicht mehr einfach so behaupten, sie hätten keine Täuschungsabsicht gehabt. Für Dieselkunden wird es also wesentlich einfacher, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. 

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