28. November 2017

Zweiter Dieselgipfel – drohende Fahrverbote

Zweiter Dieselgipfel | drohende Fahrverbote

Weil zahlreiche  Dieselautos zu viele Stickoxide ausstoßen, ist die Luft oft schlechter als erlaubt. Jährlich sollen es in Deutschland mehr als 10.000 Menschen sein, die vorzeitig sterben, weil sie zu viele Stickoxide einatmen. Maria Krautzberger Bundesumweltamtspräsidentin moniert: „Es hat sich im Vergleich zum Vorjahr im Grunde nichts getan“. Aus diesem Grund steht ein zweiter Dieselgipfel an.

Kanzlerin lädt Bürgermeister wegen Abgasskandal

Weil Millionen Dieselautos die Grenzwerte nur auf dem Papier einhalten und die Verbraucher dies nicht länger hinnehmen wollen, hatte Kanzlerin Angela Merkel die Top-Manager der deutschen Autoindustrie zum sogenannten ersten Dieselgipfel geladen. Dort hatte aber vor allem die Autoindustrie erreicht, dass die umstrittenen Software-Updates von der Politik zunächst durchgewunken worden sind.

Heute, am 28. November 2017, verkündet die Kanzlerin, dass ein zweiter Dieselgipfel bevorsteht und lädt nun Bürgermeister aus ganz Deutschland ein.

Der Geschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, erklärt, dass die Kommunen grundsätzlich selbst für die Einhaltung der Abgaswerte sorgen und deshalb es eigentlich nicht notwendig sei zu klagen: „Nur, bei Stickoxiden kommen wir an Grenzen, weil da eben die Dieselantriebe uns die Einhaltung der Grenzwerte unmöglich machen.“

Maßnahmen reichen nicht um Fahrverbote zu verhindern

Die Deutsche Umwelthilfe hat deshalb bereits eine Vielzahl von Klagen vor Gerichten eingereicht, damit Luftreinhaltepläne tatsächlich eingehalten werden.

Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Jürgen Resch kritisierte nun das Ergebnis des zweiten Dieselgipfels gegenüber der Deutschen Presse-Agentur scharf: „Der Gipfel ist gescheitert, Fahrverbote sind wahrscheinlicher geworden.“ Er führte aus, dass wegen der Verzögerung von Förderprogrammen nicht davon auszugehen ist, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wirft dem Bund vor, Länder und Kommunen bei der Luftreinhaltung „seit Jahren im Stich“ gelassen zu haben. „Die Bundesregierung und besonders das Verkehrsministerium in Berlin haben viel versprochen und bisher wenig gehalten“. Die Kanzlerin hat bei dem Dieselgipfel zugesagt, dass das Geld vom Bund nun sofort zur Verfügung stehen soll. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) forderte, dass die Autobauer „nicht außen vor“ bleiben dürfen. Auch die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sieht vor allem die Autoindustrie in der Pflicht.

Zweiter Dieselgipfel in Berlin: In vielen Städten drohen Fahrverbote

Ob ein Fahrer von den drohenden Fahrverboten betroffen ist, hängt vom Wohnort ab.

In vielen Städten drohen weiterhin Fahrverbote durch die Gerichte. Besonders akut ist die Lage in den Städten:

  • Stuttgart,
  • Berlin
  • Hamburg,
  • München,
  • Köln und
  • Düsseldorf

Dort muss rasch gehandelt werden, weil der zulässige Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm Stickoxid massiv überschritten wird.

Erste Verwaltungsrichter haben den Umweltschützern bereits Recht gegeben. In Stuttgart und Düsseldorf befanden die Richter, die Grenzwerte müssten schnellstens eingehalten werden. Die folgenden Kommunen hat die Deutsche Umwelthilfe ebenfalls ins Visier genommen:

  • Baden-Württemberg: Reutlingen, Heilbronn, Backnang, Esslingen am Neckar, Ludwigsburg, Mühlacker, Ravensburg, Herrenberg, Tübingen, Leinfelden-Echterdingen, Leonberg, Pleidelsheim, Mannheim, Heidenheim an der Brenz, Kuchen
  • Bayern: Nürnberg, Augsburg
  • Hessen: Frankfurt am Main, Wiesbaden, Darmstadt, Offenbach am Main, Limburg a.d. Lahn, Marburg, Gießen
  • Niedersachsen: Hannover, Oldenburg, Osnabrück, Hildesheim
  • Nordrhein-Westfalen: Bonn, Dortmund, Essen, Bochum, Gelsenkirchen, Paderborn, Wuppertal, Bielefeld, Düren, Hagen, Siegen, Oberhausen, Hürth, Leverkusen, Herne, Witten, Neuss, Mülheim an der Ruhr, Schwerte, Mönchengladbach
  • Rheinland-Pfalz: Mainz, Ludwigshafen
  • Sachsen: Dresden
  • Sachsen-Anhalt: Halle
  • Schleswig-Holstein: Kiel, Norderstedt

EU- Kommission und Verwaltungsgerichte sehen Handlungsbedarf wegen Abgasskandal

Aber nicht nur wegen der gesundheitlichen Belastung besteht akuter Handlungsbedarf.

Die EU-Kommission droht Deutschland mit einem Vertragsverletzungsverfahren, Anfang Dezember könnte eine Klage wegen Überschreitung der Grenzwerte kommen und den Kommunen hohe Kosten aufbürden.

Ende Februar soll zudem das Bundesverwaltungsgericht darüber entscheiden, ob eine Kommune Dieselautos sogar aussperren muss, um Bürger vor schlechter Luft zu schützen.

Mehrheit der Deutschen für Fahrverbote

Nach einer EMNID-Umfrage sind 60 Prozent der Deutschen für Fahrverbote für besonders schmutzige Diesel. Viele Städte setzen deshalb auf die insgesamt eine Milliarde Euro Förderung, die bei dem ersten Dieselgipfel versprochen worden sind. Es gibt unterschiedliche Angaben dazu, inwieweit das Geld vom Bund und inwieweit von der Autoindustrie gezahlt werden soll. Laut unseren Informationen wurde von Seiten der Autoindustrie bisher allenfalls teilweise eingezahlt.

Neben den Fahrverboten stehen mehrere Maßnahmen zur Debatte, die vor allem Dieselfahrer belasten. Es wird diskutiert, ob

  • eine blaue Plakette quasi als Freifahrtschein für saubere Fahrzeuge eingeführt werden soll,
  • das Steuerprivileg für Dieselfahrzeuge wegfallen soll,
  • die Dieselfahrzeuge durch nachträgliche Einbauten schadstoffärmer gemacht werden können, als sogenannte „Hardware-Lösung“. Die Software-Lösung durch das Software-Update gerät mehr und mehr in die Kritik. Die Automobilindustrie weigert sich bislang sogar bei den Schummelautos, die Kosten der technischen Nachrüstung zu übernehmen und bietet nur das umstrittene Software-Update an.

Durch Fahrverbote drohen Verbrauchern weitere erhebliche Nachteile

Professor Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR): „Wer in der Großstadt wohnt und jeden Tag den Diesel braucht, sollte sich auch unter finanziellen Aspekten überlegen, ob er das Fahrzeug jetzt verkauft, kauft oder hält.“ „Wenn die ersten Fahrverbote kommen, könnten wir tatsächlich auch panikartige Reaktionen und einen wirklich starken Wertverlust sehen. Davor haben aktuell auch die ganzen Leasinggesellschaften Angst.“

Wenn Ihr Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist, sollten sie sich überlegen, ob Sie auf Schadensersatz oder Lieferung eines Neufahrzeuges klagen, bevor Ihre Rechte verjähren. Wenn Sie Ihr Diesel-Fahrzeug geleast haben, kann es zudem sein, dass Sie sogar vertraglich verpflichtet sind, wegen des Einbaus der Schummel-Software gegen Ihren Händler oder gegen den Automobilhersteller vorzugehen. Bei einem geleasten oder finanzierten Fahrzeug steht Verbrauchern häufig der sogenannte „Widerrufs-Joker“ zu. (Informationen finden Sie dazu unter der Rubrik Widerruf.)

Hier ist es also mindestens ebenso dringend, sich anwaltlich beraten zu lassen. Sie sollten sich demnach möglichst schnell an einen Rechtsanwalt wenden.

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