25. November 2017

Warum gibt es keine Musterfeststellungsklage in Deutschland?

Musterfeststellungsklage

In den USA gibt es die von Unternehmen gefürchteten Sammelklagen. In Deutschland aber gibt es noch kein Mittel zur gemeinsamen Durchsetzung von Ansprüchen mehrerer Personen, trotz der enormen Vorteile die dies für den Verbraucher bieten würde. Obwohl die allgemeine Musterfeststellungsklage auf EU-Ebene gewollt ist, ist ein entsprechendes Gesetzesvorhaben zu einer allgemeinen Musterfeststellungsklage Mitte 2017 gescheitert. Die Kernfrage von mehreren gleichgerichteten Verfahren könnte mit einem solchen Instrument einheitlich geklärt werden. Eine Musterfeststellungsklage gibt es in Deutschland bislang nur für Aktionäre.

Bereits mit Empfehlung vom 11. Juni 2013 hat die EU-Kommission hervorgehoben, dass allgemeine kollektive Rechtsbehelfe auf nationaler Ebene geschaffen werden sollen. Eine erleichterte Möglichkeit zur Rechtsdurchsetzung sieht die EU-Kommission insbesondere für die Bereiche Verbraucherschutz, Wettbewerb, Umweltschutz, Finanzdienstleistungen, Beschäftigung, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung und Grundrechte als notwendig an. Also in all jenen Bereichen, wo das EU-Recht Bürgern und Unternehmen entsprechende Rechte garantiert. Es soll so verhindert werden, dass die Durchsetzung dieser Rechte durch das hohe Prozessrisiko gehindert wird.

Die EU-Kommission hat damit gerechnet, dass ihre Empfehlung zu den kollektiven Rechtsbehelfen in den Mitgliedstaaten der EU bis Mitte des Jahres 2015 umgesetzt wird. Die Frist der EU-Kommission zur Bewertung der Umsetzung auf nationaler Ebene ist Mitte des Jahres 2017 abgelaufen.

Erneut stößt die EU-Kommission in diese Richtung mit einer Veröffentlichung vom 31. Oktober 2017. Ihrer Ansicht nach ist es noch nicht zufriedenstellend, wie Verbraucherrechte in den Mitgliedstaaten durchgesetzt werden. Die Veröffentlichung bezieht sich maßgeblich auf die Erklärung zur Lage der Union von Präsident Juncker vom 13. September 2017. In dieser Erklärung hat Präsident Juncker mehrere Initiativen aufgelistet, die bis Ende 2018 eingeleitet werden sollen. Dazu zählt auch das „Paket zur Neugestaltung der Rahmenbedingungen für Verbraucher“. Ziel ist unter anderem die Verbesserung der effektiven und kollektiven Durchsetzung von Verbraucherrechten, vor allem in Reaktion auf Fälle, von denen sehr viele Verbraucher gleichzeitig und gleichartig betroffen sind, wie beispielsweise dem Diesel-Skandal.

Musterfeststellungsklage im Abgasskandal

Trotzdem fehlt ein kollektiver Rechtsbehelf in Deutschland. Die Verbraucher müssen also weiterhin ihre Rechte einzeln geltend machen. Besonders brisant ist dies im Zusammenhang mit dem Abgasskandal. Allein in Deutschland sind Millionen Dieselfahrer betroffen. Viele scheuen noch das Prozessrisiko, obwohl über hundert Urteile zu Gunsten der klagenden Dieselfahrer ergangen sind (Lesen Sie dazu auch unsere Beiträge Neufahrzeug für Skoda-Fahrer und Schadensersatz für AUDI-Fahrer).

Dass viel drängendere Risiko ist aber die Verjährung. Der VW-Konzern, dessen Skandal-Motor EA-189 in die Fahrzeuge von VW, Audi, Skoda und Seat verbaut wurde, hat öffentlich erklärt, sich bis Ende 2017 nicht auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Danach sinken die Chancen für die Dieselfahrer. Andere Autohersteller haben bisher öffentlich nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Hier ist es also mindestens ebenso dringend, sich anwaltlich beraten zu lassen, um einen Rechtsverlust zu vermeiden. Dieselkäufer mit einer Rechtschutzversicherung müssen das Risiko der Geltendmachung jedenfalls nicht fürchten: das Risiko die Prozesskosten zu zahlen, tragen sie nicht. Sie sollten sich also möglichst schnell an einen Rechtsanwalt wenden.

Passende Beiträge