9. Juli 2018

Urteil gegen Daimler

Musterfeststellungsklage
Musterfeststellungsklage

Daimler wurde wegen illegaler Abschalteinrichtung in einem Mercedes verurteilt. Daimler hat den Fahrer eines Mercedes vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt. So sieht es das Landgericht Hanau und verurteilte Daimler zu Schadensersatz. Das Urteil des Landgerichts Hanau ist bahnbrechend für alle Mercedes Fahrer, die wissen oder nur vermuten, dass in ihrem Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung verbaut ist. Der Irrtum vieler Mercedes-Fahrer,  dass Klagen gegen Daimler wenig Aussicht auf Erfolg haben, ist nun faktisch widerlegt.

Rechtsprechung gegen VW auf Daimler übertragbar

Ein Urteil wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung ist das schärfste Schwert, welches das deutsche Zivilrecht kennt und für den Kläger besonders günstig. VW wurde bereits unzählige Male von nahezu allen Landgerichten wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verurteilt. Das Besondere ist nun, dass das Landgericht Hanau diese Rechtsprechung auf Daimler überträgt.

Daimler ist mit der Taktik, alles abzustreiten und die Mercedes-Fahrer im Unklaren zu lassen, bisher in den Medien gut weggekommen. Viele Mercedes-Fahrer wissen noch nicht einmal, dass auch ihr Dieselfahrzeug von Daimler betroffen sein könnte. Auch die Rechtschutzversicherungen versuchten ihre Kunden zu beschwichtigen. Welche Fahrzeuge betroffen sind und andere Fragen haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Die Klagewelle gegen Daimler ist daher noch nicht angelaufen. Dies dürfte sich nun ändern, da es nun auch bei Daimler offizielle Rückrufe gibt und weitere angekündigt wurden. Der Verdacht, dass weit mehr Mercedes-Fahrzeuge betroffen sind, als zunächst angenommen, erhärtet sich weiter. Das ist schlecht für die Mercedes-Fahrer. Positiv für die Mercedes-Fahrer ist aber, dass die Gerichte aus ihren Fehlern bei den Verfahren gegen den VW-Konzern gelernt zu haben scheinen. Viele Gerichte hatten in den ersten Verfahren noch dem VW-Konzern Recht gegeben.

Die vom VW-Konzern gestrickte Legende, der millionenfache Einbau illegaler Abschalteinrichtungen sei auf Einzeltäter zurückzuführen, hatte also zunächst Erfolg. Warum kann in der Rückschau keiner mehr erklären. Einzig denkbar ist, dass der Betrug ein solches Ausmaß hatte, dass viele sich nicht vorstellen konnten, dass ein Konzern wie die VW AG über alle Ebenen hinweg kriminell zu sein scheint. Allein das Landgericht Braunschweig, das „Hausgericht“ am Konzernsitz Wolfsburg scheint VW nun noch glauben zu schenken.

Landgericht Hanau verurteilt Daimler hart und konsequent

In den Verfahren gegenüber Daimler scheinen die Gerichte die Gutgläubigkeit der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Schon das Landgericht Münster hat in einem Beschluss der Klage eines Mercedes-Fahrers gegen Daimler gute Erfolgsaussichten in Aussicht gestellt. Das Landgericht Hanau macht mit Urteil vom 7. Juni 2018 (Az. 9 O 76/18) nun Nägel mit Köpfen und verurteilte Daimler zu Schadensersatz. Der Mercedes-Fahrer mit Dieselfahrzeug darf sich über die nun deutlich gestiegenen Erfolgsaussichten gegen Daimler freuen. Der Jurist freut sich über die konsequente Anwendung juristischer Grundsätze, die in den Verfahren gegen VW zunächst vergessen worden zu sein schienen.

Urteil trotz nur vermuteter Abschalteinrichtung

Der Anwalt des Mercedes-Fahrers hatte mehrere Indizien zusammengestellt, die nahelegen, dass eine illegale Abschalteinrichtung verbaut ist. Daimler versuchte, in dem Verfahren den Vorwurf zu zerstreuen. Das Landgericht Hanau stellte in dem Urteil nun klar, das der Vortrag von Daimler nicht überzeuge. In dem Urteil nimmt das Landgericht den Vortrag von Daimler haarklein auseinander und stellt klar, dass Daimler Wortklauberei betreibe. Wenn man den Vortrag von Daimler nämlich genau unter die Lupe nimmt, dann würde Daimler gar nicht schreiben, dass keine Abschalteinrichtung verbaut sei. Im Urteil gegen Daimler heißt es wörtlich zu der Abschalteinrichtung und zu dem erhöhten Ausstoß von giftigen Stickoxiden (NoX):

„Die Beklagte hat bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens diese Behauptung überhaupt nicht bestritten.“

Das heißt im Umkehrschluss, dass das Gericht davon ausgehen muss, dass tatsächlich eine illegale Abschalteinrichtung verbaut ist. Dies macht es für klagende Mercedes-Fahrer deutlich einfach, auch ohne teure Gutachten gegen Daimler vorzugehen.

Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch Daimler

Das Gericht stellt dann klar, dass der Einbau von illegalen Abschalteinrichtungen sittenwidrig ist. Das Landgericht erklärt hierbei auch das eigentlich Selbstverständliche:

„Der Käufer eines Fahrzeuges darf erwarten, dass das zu erwerbende Fahrzeug nicht so konstruiert ist, dass es in einem Prüfmodus andere um ein Vielfaches geringere Schadstoffwerte ausgibt, als tatsächlich unter realen Bedingungen vom Fahrzeug verursacht werden.“

Daimler muss zu Interna vortragen

Das Landgericht begründet sein Urteil weiter damit, dass es aufgrund der Indizienlage davon ausgeht, dass Daimler die illegale Abschaltung wissentlich verbaut hat. Es reicht daher nicht, wenn Daimler sinnbildlich nur sagt „Ich war es nicht“, sondern Daimler muss die Indizien konkret entkräften. Dies ist auch gerecht, weil nur Daimler Zugang zu den internen Informationen hat. Dies ist der Grundsatz der sogenannten sekundären Darlegungslast. Die den Geschädigten des Abgasskandals nun zu Gute kommen.

Das Gericht stellt auch klar, dass es auch gar nicht darauf ankommt, wer genau für den Einbau der illegalen Abschalteinrichtung verantwortlich sei. Wichtig sei nur:

„Die Motorsteuerungssoftware haben Mitarbeiter der Beklagten entweder selbst programmiert oder deren Programmierung veranlasst.“

Auch diese Feststellung verbesserte die Erfolgsaussichten von Mercedes-Fahrern enorm, woher sollen sie auch wissen, wer im Daimler Konzern für die Entwicklung von illegalen Abschalteinrichtungen verantwortlich sein könnte.

Vorsatz bei Daimler

Das Landgericht Hanau arbeitet in dem Urteil auch heraus, dass bei Daimler auch Vorsatz vorliegt. In dem Urteil gegen Daimler wird auch herausgearbeitet, warum das Verhalten von Daimler besonders verwerflich ist.

„Die Mitarbeiter der Beklagten handelten gerade, um der Beklagten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, weil diese entweder nicht in der Lage war, die erforderliche Technik zu entwickeln, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder weil sie aus Gewinnstreben den Einbau der ansonsten notwendigen Vorrichtungen unterließ. Die daraus zu entnehmende Gesinnung, aus Unfähigkeit oder Gewinnstreben massenhaft die Käufer der so produzierten Fahrzeuge bei ihrer Kaufentscheidung zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und den hinter den umgangenen Regelungen stehenden Umweltschutzgedanken zu konterkarieren, lässt erkennen, dass ihr Verhalten insgesamt als sittenwidrig erscheint“.

In vielen Punkten also ein sehr erfreuliches Urteil für alle Mercedes-Fahrer, die Wertverluste und Fahrverbote fürchten.

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